Erster Prozess – Die Staatsanwaltschaft lässt nicht locker
Beim ersten Prozess wurde zwei jungen Antifaschist*innen Körperverletzung und Sachbeschädigung an einem AfD-Infostand vorgeworfen. Das Verfahren wurde in einem Fall gegen Auflagen eingestellt. Im anderen Fall wurde zu 24 Sozialstunden verurteilt, jedoch wurde die Körperverletzung gegen den Genossen fallen gelassen.
Im Rahmen der bayernweiten Kampagne „Antifaschistische Offensive“ zu den Landtagswahlen 2023 wurde auch in Augsburg kein AfD-Stand unbeantwortet gelassen. Bei einer Blockade nahmen Aktivist*innen AfD-Flyer und zerissen diese. Als ein Genosse die Flyer gerade nehmen wollte, legte Andreas Jurca seine Hände über die Flyer, wodurch ihm angeblich ein kaum sichtbaren Kratzer am der Hand zugefügt wurde.
Die Staatsanwaltschaft klagte nun auf Antrag der AfD zwei minderjährige Genoss*innen aufgrund dieses Vorfalls wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung an. Im Prozess, der nicht öffentlich war, wurde schnell klar, dass die einzigen Beweise ungeprüften Aussagen der AfDlern waren. Von der Richterin wurde daraufhin eine Einstellung mit Auflagen gefordert. Denn der Aufwand den AfDler Andreas Jurca zu laden, schien ihr doch zu viel.
Die Staatsanwaltschaft wollte dies nicht so stehen lassen,und es kam trotz der Einlassung zur Einstellung mit Auflagen zu einer Verurteilung des Genossen. Dieser wurde zu 24 Sozialstunden verurteilt. Die Genossin bekam die Auflage 1-3 Gespräche zu führen.
Da es so zu keiner Urteilsverkündung im eigentlichen Sinne kam, gab es nicht die Möglichkeit für die Genoss*innen, ihr gemeinsame Prozesserklärung zuhalten.
Unten könnt ihr sie trotzdem nachlesen.
Zweiter Prozess – Sticker kleben und vor Gericht landen?!
Beim zweiten Prozess standen eine handvoll Antifaschist*innen vor Gericht. Ihnen wird vorgeworfen, zu Zeiten der Bundestagswahlen 2021 im Rahmen der Antifascist Action Kampagne bei einem antifaschistischen Stadtspaziergang mehrere Sticker geklebt zu haben.
Auch hier lag der Richterin die Tat zu weit in der Vergangenheit, so dass es zu keiner Zeugenanhörung kam. Es kam auch hier zur Einstellungen gegen Auflagen, die entweder 24 Sozialstunden (Jugendstrafrecht) oder 150€ (Erwachsenenstrafrecht) waren.
Da zwei Genoss*innen bereits in anderen Verfahren verurteilt wurden, gab es dort eine Einstellung ohne Auflagen.
Dritter Prozess – Spontandemos unerwünscht
Zum Auftakt des Christopher-Street-Days 2023 in Augsburg schlossen sich einige Aktivist*innen mit Transpis zu einer spontanen Zubringerdemo zusammen. Als der kleine Demozug den Königsplatz erreichte und zur Feier des Tages Konfettikanonen gezündet wurden, löste sich die Sponti in der Kundgebung auf. Anstatt friedlichen Spontanprotest einfach zuzlassen, besann sich die Einsatzleitung auf ihre Ordnungsliebe und zeigt einen ebenfalls anwesenden Demofotografen wegen Nichtanmeldung einer Demonstration an. Diese Bußgeldpraxis erfreut sich in Augsburger Polizeikreisen seit Jahren steigender Beliebtheit, um unangenehme Spontandemonstrationen zu kriminalisieren.
Nachdem gegen diese Frechheit Einspruch eingelegt wurde, versuchte die Polizei selbstverständlich auch vor Gericht, diesen juristisch haltlosen Bußgeldbefehl zu rechtfertigen. Dabei sorgte die Kombination aus Erinnerungslücken und kreativen Freiheiten eine allgemeine Heiterkeit im Gerichtssaal. Ein richterliches Lachverbot später musste er zugeben, dass es keine objektiven Gründe für die Anzeige gibt.
Der Genosse wurde als Ergebnis der Verhandlung zwar freigesprochen, doch zeigt es auch die Willkür einer Klassenjustiz, die ohne lästige Ermittlung oder Beweisführung Geldstrafen für politischen Aktivismus verhängen kann. Es zeigt die Gewissheit von Polizeibeamten, die nicht damit rechnen, ihren Polizeibericht nochmal im Zeugenstand widerholen zu müssen.
Wir müssen uns jeden Meter auf der Straße neu erkämpfen. Was bleibt, ist der „witzigste Prozess, den ich mir je anschauen durfte.“ ~Solidarische Prozessbeobachterin
Breite Solidarität
Staatliche Angriffe auf Antifaschismus sind nichts neues. Im Rahmen dieser Prozesse stellten sich einige Organisationen hier die angeklagten Aktivist*innen. Wir bedanken uns bei den Jusos Augsburg, dem Antifa Aufbau Augsburg, der Revolutionäre Linken Augsburg und der Partei Die Linke (KV Augsburg) sowie allen solidarischen Prozessbegleiter*innen.
Auf Instagram und auf unserer Website findet ihr die gesamte Solidaritätserklärung mit einer Einordnung zur staatlichen Repression gegen Antifaschismus und warum wir uns auf eben diesen Staat im Kampf gegen Rechts nicht verlassen können.
In unserer Rede am 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Faschismus, sind wir ebenfalls darauf eingegangen und weshalb damals wie heute gilt: Die rechte Welle muss gebrochen werden! Die in Teilen faschistische AfD und ihr Umfeld müssen nachhaltig bekämpft werden. Antifaschismus ist legitim und notwendig!
Auf der Straße oder vor Gericht – Die rechte Welle brechen!
Solidarität ist unsere Waffe – Antifa bleibt notwendig!
Prozesserklärung
Heute sitzen wir als Angeklagte vor Gericht, weil wir für unsere politische Überzeugungen eingestanden sind. Uns wird vorgeworfen, im Rahmen einer Standblockade Flyer entwendet und zerrissen zu haben. Dabei soll ein Stadtratsvorsitzender der AfD, Andreas Jurca, einen minimalen Kratzer an der Hand davon getragen haben. Ob dies nun passiert ist oder nicht, sei dahingestellt. Aber dass so minimale Vorwürfe, wie in diesem Fall ein paar zerissene Papierchen und ein kleiner Kratzer, vor Gericht verhandelt werden, ist im Kampf gegen Rechts nichts Neues.
Um es mit den Worten von Esther Bejarano, einer KZ Überlebenden Antifaschistin zu sagen: „Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen!“
Denn in Zeiten in denen sich die Krisen des Kapitalismus immer weiter zuspitzen, werden auch die Widersprüche des Kapitalismus immer sichtbarer. Viele Menschen erkennen die Probleme und suchen nach Antworten. Anstatt Lösungen zu benennen und die Systemfrage zu stellen, vertreten rechte und bürgerliche Kräfte die Interessen der Kapitalist:innen und lenken den Blick von den eigentlichen Widersprüchen ab, zu beispielsweise selbsterschaffenen Feindbildern wie die der muslimische Bevölkerung im Rahmen des Nahostkonflikts oder Menschen die auf Sozialhilfen angewiesen sind.
Wir als Komunnist*innen stellen im Gegensatz zu Rechten und bürgerlichen Kräften die Systemfrage und zeigen eine konkrete Alternative zu diesem auf. Genau deswegen sitzten wir heute hier. Nicht wegen ein paar zerrissenen Flyern, sondern weil wir dieses System überwinden wollen und die Widersprüche benennen!
Um es auf einen Punkt zu bringen. Es liegt nicht im ökonomischen Interesse des Staates, rechte und menschenfeindliche Kräfte zu bekämpfen weil genau diese Kräfte ihn schützen.
Aber was ziehen wir jetzt aus dieser Erkenntnis?
Der Widerstand gegen genau diese Kräfte ist ein notwendiger und wichtiger Teil unserer Arbeit ist.
Der faschistische Flügel der AfD gewinnt immer mehr an Einfluss und Macht. Im Oktober wird aller Wahrscheinlichkeit nach ein Faschist wie Björn Höcke Wahlsieger in Thüringen. Die AfD ist der parlamentarische Arm einer Rechten, die immer besser vernetzt ist und auch einflussreiche Partner in der Wirtschaft hat, wie nicht nur die Correctiv-Recherche aus Potsdam gezeigt hat.
Auch die Augsburger AfD schlägt genau diesen Weg ein.
Die Augsburger AfD ist mittlerweile der Dreh- und Angelpunkt der lokalen Rechten. Sie ist involviert und begleitet die Gründung der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative Nordschwaben“, in welcher auch Nazis der Identitären Bewegung ihren Platz finden. Auch stellt die AfD-Augsburg mit Gabrielle Mailbeck die lokale Kolumnistin des Deutschlandkuriers, einem rechten Nachrichtenportal da.
Besonders Andreas Jurca ist kein unbeschriebenes Blatt und gehört zu den wichtigsten Mitgliedern der Augsburger AfD.
Er selbst gehört wie seine Stadtratsfraktion zum faschistischen Flügel um Björn Höcke.
Unter anderem posiert Jurca mit dem Neonazi Daniel Halemba nach seiner Verhaftung wegen Volksverhetzung im Internet.
Auserdem vertreten große Teile der AfD russische Interessen, so ließ sich Andreas Jurca im russischen Fernsehen Abfilmen und instrumentalisieren.
Was wohl am meisten Aufsehen erregte war der vermeintliche Angriff auf Andreas Jurca. Diesen nutze er ganz im Sinne seiner Politik, um zuerst gegen Linke, die ihn vermeintlich verprügelt haben sollen, zu hetzen, um dann am folgenden Tag just Migranten*innen für den Angriff verantwortlich zu machen, um rassistische Hetze zu verbreiten.
Als letztendlich heraus kam, dass er nach dem angeblich so einseitig Angriff, nicht ohnmächtig auf dem Boden lag sondern den mutmaßlichen Tätern hinther rannte, verlor er schlussendlich auch die Glaubwürdigkeit vor den bürgerlichen Medien.
Unser Legitimer Kampf wird fortwährend mit Repression überzogen. Bundesweit ist zu bemerken, dass Repression gegen Linke zunehmend erstarken. Beispielhaft dafür ist der Fahndungswahn gegen unzählige Antifaschist:innen aus dem Budapest-Verfahren insbesondere die Auslieferung von Maja. Ein weiteres Beisiel, das für sich steht, sind die Haftstrafen unserer Genoss:innen aus Stuttgart, die sich aktiv an die Seite von betroffenen Jugendlichen stellten, um ihren Widerstand gegen die alltägliche Diskriminierenung und Unterdrückung zu unterstützten.
Aber auch besonders in Augsburg erreicht die Repression immer wieder ein neues Niveau. So saß im April unsere Genossin Leo einen Monat im Jugend-Arrest, trotz der vielen Widersprüche und offensichtlich Lügen der Beamten in ihrem Gerichtsprozess. Ein weiteres Beispiel ist die rechtswidrige Razzia gegen das OAT Augsburg, wobei dutzende Polizist*innen in Vollmontur ein offenes Treffen stürmten und das alles nur wegen eines Spruches auf einem Spruchbanner.
Alleine in den nächsten Wochen stehen mehrere Gerichtstermine an, die genauso niedrigschwellige Gründen haben wie dieses.
Trotz der erstarkenden Repressionen gegen Linke gilt es weiter zu machen und die Solidarität nicht abreißen zu lassen.
Der Kampf gegen Faschismus ist auch immer ein Kampf gegen den Kapitalismus!
Um es mit den Worten Bertholt Brechts zu sagen: „Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren“.